Das Volk vertreten - Studie zur Entwicklung der politischen Repräsentation in Baselland seit Einführung des Frauenstimmrechts 1968 (2008)
Das Volk vertreten - Studie zur Entwicklung der politischen Repräsentation in Baselland seit Einführung des Frauenstimmrechts 1968
Seit der Einführung des kantonalen Frauenstimm- und -wahlrechts ist die politische Repräsentation von Frauen in Baselland kontinuierlich gestiegen. Auf kantonaler Ebene nimmt sie mit einem guten Drittel einen schweizerischen Spitzenplatz ein, während sich die Schweiz insgesamt im europäischen Mittelfeld befindet. Es ist eine offene Frage, welche Faktoren in welchem Ausmass diese Entwicklung begünstigt haben. Frauen stossen bei der politischen Repräsentation heute offenbar an eine gläserne Decke. Zudem ist die politische Beteiligung, insbesondere bei Wahlen und Abstimmungen, rückläufig. Das allgemeine politische Interesse, politisches Wissen und politische Kompetenz sind in der Schweiz unterdurchschnittlich ausgeprägt. Dies hat einen negativen Einfluss auf die Qualität der Demokratie. Die vorliegende Studie will das Wissen um die Entwicklung der politischen Repräsentation der Geschlechter in Baselland sichern. Sie will gängige Erklärungsmuster auf ihre Plausibilität für Baselland hin prüfen und Massnahmen zur Verbesserung der politischen Partizipation und Repräsentation zur Diskussion stellen.
Empirische Basis der Studie ist ein Datensatz aller Personen, die zwischen 1971 und 2007 in einem Gemeinderat oder im Landrat waren. Er umfasst 2’145 Personen. Zudem wurden ein Datensatz landrätlicher Vorstösse von 1971 bis 1995 herangezogen und zwei Studien zum Panaschierverhalten und zur feministischen Einstellung von Kantonsabgeordneten ausgewertet. Nach der Vorstellung von Erklärungsansätzen zur Unterrepräsentation von Frauen in der Politik und einer Würdigung des Baselbieter Wegs zum Frauenstimm- und -wahlrecht geht es im Hauptteil um die Repräsentation der Geschlechter auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene. Im Landrat stieg der Frauenanteil bis 2007 auf 35.6%. Zu Beginn waren grösstenteils linke Parteien für den Frauenanteil verantwortlich. In den 1990er Jahren fassten Frauen auch in bürgerlichen Fraktionen Fuss. Bei den Sitzen in den Kommissionen zeigten sich zum Teil geschlechterstereotype Verteilungen. Diese spiegelten sich jedoch nicht in der Palette der zahlreichen parlamentarischen Vorstösse. Die Vorstösse erwiesen sich als wichtiges Agenda-Setting-Instrument für Gleichstellungspolitik. Erst mit Verspätung drangen Landrätinnen in parlamentarische Führungspositionen vor, wobei sie heute proportional vertreten sind. In den Gemeinderäten stieg die Repräsentation langsamer und erreichte 2004 24.1%, bei den Präsidien 18.8%. Dabei haben grössere Gemeinden mehr Gemeinderätinnen als kleinere Dörfer. Männer und Parteimitglieder blieben wesentlich länger im Gemeinderat als Frauen und Parteilose. Bis 2007 hatten nur SP und Grüne eine Nationalrätin, seit 2007 auch die CVP.
Die Bestandesaufnahme von Massnahmen zeigt, dass die Frauensektionen der Parteien, die Aktivitäten und Angebote der Kommission für Gleichstellung und die Informationsarbeit der Fachstelle für Gleichstellung wichtige Impulse für den Anstieg der weiblichen Repräsentation im Kanton gegeben haben. Vorgeschlagen werden insbesondere eine verstärkte Nutzung des zivilgesellschaftlichen Potenzials für regierungsrätliche Kommissionen und geschlechtersensible Projekte in der politischen Bildung, die für die Schweiz (fast) ein Novum wären und eine gute Profilierungsmöglichkeit böten.
Weiterführung durch Christian Zürcher: Das Volk vertreten 2012 - Studie zur Repräsentation der Geschlechter in der Baselbieter Politik